Landkreis Schweinfurt. 13 Landkreise in Deutschland, in denen sich bereits abgeschaltete oder noch laufende Kernkraftwerke befinden, haben sich zu einer gemeinsamen Initiative zusammengeschlossen. Damit wollen sie erreichen, dass der Konversionsprozess nach dem Atomausstieg nachhaltig gefördert wird.
Ziel ist, dass der Bund und die Länder den anstehenden Strukturwandel in den 13 Landkreisen analog zu den Kohlerevieren angemessen unterstützen. Schließlich haben die Landkreise jahrzehntelang wesentlich zur Energieversorgung in Deutschland beigetragen. Auch der Landkreis Schweinfurt, in dem das abgeschaltete Kernkraftwerk Grafenrheinfeld liegt, ist maßgeblich an der Initiative beteiligt.
„Der Ausstieg aus der Kernenergie und der angestrebte Strukturwandel sind eine Mammutaufgabe, die mit enormen Anstrengungen und Schwierigkeiten verbunden ist. Die betroffenen Gemeinden und Landkreise werden sich dieser immensen Herausforderung über einen sehr langen Zeitraum stellen müssen“, betont Landrat Florian Töpper.
Um diesen Jahrzehnte andauernden Kraftakt bewerkstelligen zu können, wird die Unterstützung von Bund und Land benötigt. Im Gegensatz zu den Summen, die für den Strukturwandel in den Kohlerevieren zur Verfügung stehen, gibt es für die Landkreise und Gemeinden mit abgeschalteten Kernkraftwerken bislang noch keine vergleichbare Unterstützung.
Nach den Vorstellungen der Initiative wäre den betroffenen Landkreisen allerdings nicht mit Ausgleichszahlungen gedient. Vielmehr ist gewünscht, dass die Landkreise nachhaltige und zukunftsfähige Einrichtungen zur „grünen“ Energiegewinnung erhalten. Denn die von der Abschaltung der Kernkraftwerke betroffenen Landkreise möchten den Strukturwandel nutzen, um weiter den Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterstützen und so auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland zu leisten.
Mit diesem Anliegen, konkretisiert in inhaltlichen Forderungen, werden sich die Mitglieder der Initiative an Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, wenden, um gemeinsame Gespräche über Förderungen aufzunehmen.
Die Landräte erklären: „Alle betroffenen Landkreise benötigen erstens einen Ausgleichsfonds für wegfallende qualifizierte Arbeitsplätze. Zweitens halten sie eine Beteiligung an einer zukunftsorientierten nachhaltigen Energieerzeugung für sinnvoll. Und drittens erwarten sie die Unterstützung des Bundes bei der Weiterentwicklung der Infrastruktur sowie bei Anreizen für die Ansiedlung qualifizierter Betriebe zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.“
Konkret lauten die Forderungen der Initiative:
- Die Wertschöpfung aus erneuerbaren Energien als Ersatz für die Kernenergie muss im Rahmen der Energietransformation sichergestellt werden. Hierzu ist eine Förderung zur Ansiedlung und für die Arbeit von Betrieben aus dem nachgelagerten Bereich der Energieerzeugung notwendig. Dazu gehören unter anderem die Herstellung, Speicherung und der Vertrieb von (grünem) Wasserstoff.
- Für die Schaffung von Wertschöpfung und zum Erhalt qualifizierter Arbeitsplätze muss ein Ausgleichsfonds eingerichtet werden. Die Landkreise und Gemeinden abgeschalteter Kernkraftwerke müssen damit bei der Planung und Erschließung neuer Standortflächen für Industrie und Gewerbe unterstützt werden, da die Standorte der Kernkraftwerke hierfür auf Jahrzehnte hinaus nicht genutzt werden können. Zudem müssen hiermit finanzielle Anreize für Unternehmen geschaffen werden, damit diese sich in den Kommunen ansiedeln. Die durch die Abschaltung der Kernkraftwerke wegfallende Wertschöpfung und die wegfallenden Arbeitsplätze müssen so kompensiert werden.
- Zur Kompensation von verlorengegangen Arbeitsplätzen müssen zudem gezielt Forschungs- und Hochschuleinrichtungen der Länder und des Bundes sowie Landes- und Bundesbehörden in den betroffenen Landkreisen angesiedelt werden bzw. deutlich ausgebaut werden, sofern sie schon vorhanden sind. Insbesondere Forschungseinrichtungen zu erneuerbaren Energien können hier mit Betrieben aus dem Bereich der regenerativen Energieerzeugung Synergien bilden.
Die in den Kernkraftwerken weggefallenen Arbeitsplätze sollen mit neuen nachhaltigen Arbeitsplätzen rund um den Ausbau der erneuerbaren Energien kompensiert werden. Die Initiative zielt darauf ab, passgenaue und niedrigschwellige Förderungen durch den Bund und die Länder zu erreichen. Um bei diesem Anliegen breite politische Unterstützung zu erhalten, hat Landrat Töpper in einem ersten Schritt die örtlichen Bundes- und Landtagsabgeordneten angeschrieben und um Unterstützung für die Initiative gebeten.
Die Landräte aus den anderen Landkreisen der Initiative werden in gleicher Weise vorgehen.
Zur „Initiative zur Förderung des aktiven Konversionsprozesses in Landkreisen und Kommunen mit abgeschalteten Kernkraftwerken“ gehören die Landkreise Schweinfurt, Hameln-Pyrmont, Dithmarschen, Steinburg, Herzogtum Lauenburg, Stade, Wesermarsch, Emsland, Bergstraße, Karlsruhe, Landshut, Günzburg sowie der Neckar-Odenwald-Kreis.