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© Anand Anders
Das Bild zeigt eine magere Salbei-Glatthaferwiese (weitere Fotos siehe unten)

Auch das Mähen einer Wiese kann im Sinne des Naturschutzes sein

Untere Naturschutzbehörde erklärt, wann, warum, welche Wiesen am besten gemäht werden sollten

Landkreis Schweinfurt. Wer dieser Tage durch den Landkreis fährt, erlebt eine wahre Farbenpracht. Sattes Grün und bunte Wiesen erfreuen nicht nur die Naturschützer. Auch in der Bevölkerung scheinen in den vergangenen Jahren das Interesse und die Sensibilität für die Natur und deren Vielfalt gestiegen zu sein. Das nimmt auch die Untere Naturschutzbehörde (UNB) am Landratsamt Schweinfurt so wahr.

Denn vor allem in den Sommermonaten erreichen die Mitarbeiter dort viele Anfragen auch von Bürgern. Vieles dreht sich dabei um die Wiesen. Darunter sind auch Beschwerden über abgemähte Wiesen. Doch was viele nicht wissen: Eine gemähte Wiese kann auch oder gerade im Sinne des Naturschutzes sein.

Warum das so ist, wann, welche Wiese am besten gemäht werden sollte und wann die Fachleute vor einer Mahd hinzugezogen werden sollten, erklärt hier die UNB des Landkreises Schweinfurt:

Flächenpflege allgemein
Für die aus naturschutzfachlicher Sicht wünschenswerte Pflege von Grünland, gilt allgemein:

  • Mähen anstatt Mulchen. Dies ist nicht nur schonender für die Pflanzenwelt auch die Tierwelt, vor allem Kleinlebewesen und Insekten profitieren hiervon.
  • das Mahdgut aufbereiten und abtransportieren. Dies führt langfristig zum Erhalt bzw. zur Erhöhung des Blütenreichtums.
  • Verzicht auf Düngung bzw. nur bedarfsorientierte, Biotoptyp erhaltende Düngung. Dies führt auch langfristig zum Erhalt bzw. zur Erhöhung des Blütenreichtums.

Für artenreiche Wiesen ist ein individueller Schnittzeitpunkt indiziert und zu wählen, der auf hochwertigen und naturschutzrelevanten Flächen meist durch eine Ortseinsicht von der UNB und in enger Absprache mit den Flächenbewirtschaftern vereinbart wird. Der Mähzeitpunkt ist immer von vielen Faktoren abhängig, wie etwa vom Biotoptyp, von der naturschutzfachlichen Zielsetzung, von Artenschutzbelangen oder abhängig von den örtlichen Gegebenheiten.

Das Vertragsnaturschutzprogramm Offenland ist ein Paradebeispiel für die erfolgreiche, kooperative Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz, in dem die oben genannten Punkte in die Praxis umgesetzt werden. Im Landkreis Schweinfurt konnte dieses Jahr eine Rekordsumme von etwa 320.000 Euro abgeschlossen werden. Bei dem Geld handelt es sich um Fördergelder des Naturschutzes, das jährlich, über einen Zeitraum von fünf Jahren den Landbewirtschaftern als Honorierung für die Extensivierung ausgezahlt wird und somit auch im Landkreis Schweinfurt verbleibt. Für diese Flächen werden die Schnittzeitpunkte durch die UNB nach den oben beschriebenen Kriterien, unter Absprache mit dem Bewirtschafter festgelegt. „Durch die Teilnahme am Vertragsnaturschutzprogramm Offenland leisten die Bewirtschafter einen großartigen Beitrag zum Naturschutz und dem Erhalt der Artenvielfalt“, so die UNB des Landkreises Schweinfurt.

Um die oben beschriebenen Punkte zu verdeutlichen, folgt hier eine Kurzvorstellung der verschiedenen Biotoptypen mit ihrer Pflege.

Magere (artenreiche) Flachlandmähwiesen
Das Handbuch Bayerns zur Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU beschreibt es wie folgt: „Artenreiche, extensiv bewirtschaftete Mähwiesen des Flach- und Hügellandes. […] Im Gegensatz zum Intensivgrünland blütenreich, wenig gedüngt und erster Heuschnitt nicht vor der Hauptblütezeit der Gräser“. Typische Arten sind Salbei, Flockenblume, Glockenblume, Margerite, Glatthafer, Honiggras oder auch Ruchgras. Als Pflege und als Bewirtschaftung sollte eine jährliche Mahd mit Mähgutabfuhr stattfinden. Der erste Mähzeitraum liegt in der Regel um den 15. Juni. Dieser Mähzeitpunkt ist ideal um diesen Lebensraumtyp zu erhalten und gleichzeitig eine Zweitblüte im Spätsommer zu ermöglichen. Je nach Aufwuchsmenge und Bedarf kann ein zweiter Schnitt im Spätsommer erfolgen. Das Aussparen von jährlich wechselnden Teilflächen, sogenannten Altgrasflächen, ist meist wünschenswert, da sich hier ein Rückzugsraum für viele Kleinlebewesen ergibt, wie zum Beispiel Spinnen, Käfer, Vögel und Insekten. Dieser Biotoptyp ist im Landkreis Schweinfurt an verschiedensten Stellen anzutreffen, die wohl größten zusammenhängenden Flächen ziehen sich entlang des Mains.

Pfeifengras
Entstanden sind die sogenannten Pfeifengraswiesen durch die Nutzung als Streuwiesen, mit einer extensiven und späten Mahd im Jahr. Das Mahdgut wurde vor allem früher als Einstreu in den Ställen genutzt. Sie zählen zu einer der artenreichsten Biotoptypen und beherbergen zahlreiche sehr seltene, vom Aussterben bedrohte und sehr spezialisierte Tier und Pflanzenarten. Beispielsweise konnten 2018 auf einer Pfeifengraswiese und deren unmittelbaren Umgebung im Landkreis Schweinfurt allein 262 verschieden Nachtfalterarten nachgewiesen werden. Typische Pflanzenarten, die diesen Biotoptyp kennzeichnen, sind das Pfeifengras, die Sibirische-Schwertlilie, der Große Wiesenknopf, verschiedene Orchideen, Teufelsabbiss, die Mehlprimel oder die Färberscharte. Um einer Verschlechterung entgegenzuwirken, muss die Fläche genutzt beziehungsweise gepflegt werden. Sobald das Pfeifengras seine Nährstoffe in den sich bodennah befindlichen Knoten zurückgezogen hat, kann die Wiese im September bis Oktober gemäht werden. Der Erhalt von Altgras- beziehungsweise jährlich wechselnden Brachestreifen ist hier essentiell, da zum Beispiel für bestimmte Enzianarten diese späte Mahd zu früh kommen würde, aber auch als Rückzug für viele Kleinlebewesen sind diese sehr wichtig. Der Abtransport des Mahdguts ist auch hier essentiell, um einer Nährstoffanreicherung entgegen zu wirken.

Grabenpflege
Gräben stellen oftmals wichtige Rückzugsgebiete für viele Tier- und Pflanzenarten, in der meist intensiv genutzten Agrarlandschaft dar. Auf relativ engem Raum sollte und muss, um die naturschutzrechtlichen Vorgaben zu erfüllen, hier eine differenzierte Pflege stattfinden. Für die Böschungsbereiche mit Gras ist eine Mahd im Spätsommer von Juli bis Anfang Oktober meist sinnvoll, die Pflege sollte hier abschnittsweise, seitenweise oder mosaikartig im Wechsel der Jahre stattfinden, sodass immer etwa die Hälfte der Vegetation erhalten bleibt und sich zum Beispiel Niederwild, Rebhühner und vor allem Insekten und deren Entwicklungsstadien hier im Winter zurückziehen können. Sollte sich Schilf, Hochstauden oder Röhricht im Graben befinden darf der Graben frühestens ab dem 1. Oktober gemäht werden, auch hier gilt abschnittsweise, seitenweise oder mosaikartig im Wechsel der Jahre Pflegen, sodass immer etwa die Hälfte der Vegetation erhalten bleibt. Um Verklausungen und eine Nährstoffanreicherung zu verhindern, sollte in beiden der oben beschriebenen Fälle das Mahdgut von der Fläche entfernt werden.

Entwicklungsflächen
Von der oben beschriebenen Pflege und den Zeiten, muss teilweise auch abgewichen werden, zum Beispiel bei frühzeitiger beziehungsweise circa Mitte Juni zu mähenden Entwicklungsflächen, die in dauerhaftes artenreiches Grünland umgewandelt werden sollen. Mit der ersten Mahd Anfang / Mitte Juni beim ersten Schnitt nach der Wieseneinsaat, liegt damit der erste Schnittzeitpunkt gegenüber den meisten landwirtschaftlich genutzten Wiesenflächen um circa einen Monat später. Gerade im Anfangsstadium nach der Ansaat kommt es im Interesse einer erfolgreichen Entwicklung entscheidend darauf an, die Dominanz von „Problemarten“ wie unter anderem Ackerkratzdistel, Krauser Ampfer und Ackerfuchsschwanz, also Arten, die sich sehr schnell und stark ausbreiten und die Wiesenkräuter unterdrücken, zu vermeiden. Ansonsten wäre auch eine für die Zukunft anzustrebende Verwertung des Mähgutes als Futter nicht möglich.